Mittwoch, 5. Mai 2004

Pinocchios Schwester.



Schon in der Schule hat sie gesagt, das liege in der Familie. Und sobald sie das Geld beisammen hat, würde sie sich ihre Nase operieren lassen. Sie hat sich oft gefragt, warum sie? Sogar in ihr Tagebuch hat sie diesen Satz geschrieben. Warum ich?

Manchmal hat sie es als Aufgabe gesehen, damit umzugehen. Ihre lange Nase zu akzeptieren, mit ihr zu leben. Sie hat versucht Größe zu zeigen, und nicht darüber zu reden. Oder erst recht darüber zu sprechen. Sie hat die Nähe von Menschen gesucht, die auch solche Nasen haben. Und sie hat sich wieder distanziert, und gemeint, sie sei nicht so. Bei ihr sei diese Nase einfach so gewachsen, ohne Bedeutung. Manchen Menschen ist ihre Nase gar nicht aufgefallen. Weil diese Menschen auf so etwas nicht achten. Es ihnen egal war. Oder weil die Nase gar nicht so groß erscheint, wenn sie den Kopf in einem ganz bestimmten Winkel hält. Und sie hat diese Kopfhaltung lange Zeit geübt. Vor dem Spiegel. Und im wahren Leben. An Menschen getestet. Nicht nur einmal ist sie selbst erschrocken, wie sie gemerkt hat, wie berechnend sie andere verwendete, um ihr Gebrechen zu verarbeiten. Aber in diesen Momenten hat sie sich auch gleich wieder beruhigt, mit dem Vorsatz, dafür anderen Menschen gegenüber alles wieder gutmachen zu können. Mit den getesten Kopfhaltungen. Bei diesen Tests hat sie viele Freunde verloren. Ein Grund mehr, konzentrierter zu arbeiten. Im Fluss wechselt man nicht die Pferde. Sie hat sich ganz fest vorgenommen, den Pferden eine Sonderration Karotten zu geben, wenn sie durch den Fluss durch sind. Sie hat nicht bemerkt, dass sie den Fluss nicht durchquert, sondern mit ihm mittreibt. Ihr Ziel war nicht das Ufer, sonder das Meer.

Pinocchios Schwester hat über die Jahre ihre Nase mehrmals operieren lassen. Sie blieb so groß wie zu Beginn. Dabei hätte sie einfach nur aufhören sollen, zu lügen.

Tobias Federsel

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dass der tobi so gut singen kann! laß doch die werbung...
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