Betreff der Konferenzschaltung: der Huf im Gesicht.
Es war ja nicht wirklich neu für Fred Reumann. Erst die Nummer wählen, dann den PIN eingeben und schließlich laut und deutlich seine Bürokennung aufsagen. "Bankfried & Reumann Wien", ruft er in den Telefonhörer, um gleich darauf eine Frauenstimme sagen zu hören: "Bankfried & Reumann Wien is joining the conference. Welcome."
Es wurde ein langer Vormittag am Telefon. Die Kunden in Singapur konnten zu wenig Deutsch, um am Gespräch aktiv teilnehmen zu können, und die Partner in Barcelona kämpften zunächst mit der Technik und schließlich mit den Kollegen in Berlin, mit denen sie sich offensichtlich vorher nicht abgesprochen hatten. Reumann war das egal, und das, obwohl es eigentlich sein Baby war, dessen Geburt gerade vorbereitet werden sollte: Das Wandgemälde im neuen Royal Munkel Hotel.
"Eine Reiterstatue aus Makramee", hatte Reumann bei der Präsentation noch vor Augen. "Semmelgrüne Wolle, neun Meter hoch — ein Monument, meine Herren, ein Monument!"
Jetzt, drei Jahre später, war nur noch der Reiter übrig geblieben. Mit Öl sollte Reumann ein Bild in die Eingangshalle des Royal Munkel malen. Und nicht wie ursprünglich geplant ein Reiter mit Rückenflosse und Clownnase, sondern einer nach dem Vorbild Prinz Eugens.
"Und können wir das so machen, dass das Pferd einem Bauern den Huf ins Gesicht setzt?" Reumann schreckte auf. Wer macht denn so einen Vorschlag? "Verstehen Sie? Huf-im-Gesicht, ein Wortspiel!" Das mussten die Geldgeber aus Singapur sein. Ein Wortspiel? Huf-im-Gesicht? "HERVORRAGEND!" hörte Reumann sich selber sagen. "So machen wir das! Auf Wiederhören!" Und er knallte den Hörer aufs Telefon.
Das Gemälde ist nun rund um die Uhr in der Eingangshalle des Royal Munkel zu bewundern. Gleich wenn man reinkommt, links. Der Huf ist zwar nicht ganz im Gesicht des Bauern — eher knapp davor —, aber die Chinesen waren hin und weg. "Huf-im-Gesicht! Huf-im-Gesicht!" haben sie sich bei der Eröffnung immer wieder zugerufen, um gleich darauf einen Lachanfall nach dem nächsten zu erleiden. Der Botschafter hat auch mitgelacht. Fred Reumann war ab 22 Uhr betrunken und unansprechbar.
tobiasfedersel - 23. Jun, 10:48